Romanistik
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Sektionsbeschreibung

Sprachwandel, Variation, Revisionen und Reorientierungen

51 Jahre nach der Nelkenrevolution steht die portugiesische Sprache vor einer Reihe von Herausforderungen. Einerseits ist 50 Jahre nach der Unabhängigkeit der afrikanischen Länder mit Portugiesisch als offizieller Sprache (PALOP) und 200 Jahre nach der Unabhängigkeit Brasiliens die „Demokratisierung“ der portugiesischen Sprache ein Ziel, das noch lange nicht erreicht ist. Dabei wird insbesondere das Portugiesische der PALOP zumindest theoretisch weiterhin von einem exogenen Standard dominiert, den selbst die Mehrheit der Lehrenden nicht beherrscht. Sogar Brasilien hadert nach wie vor mit der Akzeptanz zahlreicher sprachlicher Besonderheiten. Dazu gehören unter anderem Neuerungen infolge von Sprachkontakt und die Herausbildung eigener Diasysteme oder Archaismen, d. h. Strukturen und Lexik, die in Portugal Neuerungen erfahren haben, die nicht von der brasilianischen Varietät begleitet wurden. Es ist immer noch eine Herausforderung, die sprachliche Einheit zu akzeptieren und Innovationen, die das Ergebnis von Sprachwandel und Sprachkontakt sind, vollständig und gleichberechtigt zuzulassen. Selbst gut gemeinte Versuche, außereuropäische Varietäten in Grammatiken aufzunehmen und ihnen Sichtbarkeit zu verleihen, beschränken sich zumeist auf Fußnoten oder Kapitel, die dem brasilianischen Portugiesisch und dem Portugiesisch in Afrika gewidmet sind, was im letzteren Fall angesichts seiner Heterogenität bereits problematisch ist. Wir wollen daher zur Diskussion über die Sprachpolitik in den portugiesischsprachigen Ländern einladen, zur Präsentation von Studien mit aktuellen Ergebnissen zu Prozessen des Sprachwandels und der Variation, unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Sprachkontakte, wo immer dies gerechtfertigt ist, sowie zu Studien, die bestimmte Varianten unter Berücksichtigung ihrer Variation in Diachronie und Synchronie und ihrer Verteilung nach diasystemischen Parametern beobachten. Auf diese Weise wollen wir eine empirische Grundlage schaffen, die eine Revision der Beschreibung der portugiesischen und galicischen Varietäten und der präskriptiven Grammatik erforderlich macht. Nur durch diese Reparaturen an der Architektur der Sprache ist es möglich, die Sprecherinnen und Sprecher wieder näher an die präskriptive Norm heranzuführen.

Andererseits ermöglichen methodische Innovationen in der Linguistik einen neuen und umfassenderen Zugang zur Sprache und insbesondere auch zu einer riesigen Datenmenge. Die sorgfältige Beschreibung und Interpretation der Daten ermöglicht es, bestehende linguistische Beschreibungen zu revidieren und ein umfassenderes und vollständigeres Bild der Varietäten und der Sprachwandelprozesse, die deren Herauskristallisierung zugrunde liegen, aber auch des Wandels des Sprachsystems, zu zeichnen. Wir laden daher auch zu Beiträgen ein, die sich auf empirische Methoden und korpora-basierte Arbeiten konzentrieren und die Möglichkeiten und Grenzen, die uns diese sowohl in der synchronen als auch in der diachronen Linguistik bieten, kritisch reflektieren. Schließlich laden wir auch Forscherinnen und Forscher der diachronen Linguistik ein, Arbeiten vorzustellen, die zu einer Revision von Theorien und Annahmen über ältere Sprachstufen der portugiesischen und galicischen Sprachen führen.

Mit dieser breit gefächerten Perspektive wollen wir den Dialog zwischen Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftlern verschiedener Teildisziplinen, Schulen und Perspektiven zur portugiesischen und/oder galicischen Sprache fördern, denn der Erkenntnisfortschritt ist umso besser und solider, je mehr Methoden und Theorien wir auf der Suche nach tragfähigen Ergebnissen miteinander kreuzen.

 

Wir möchten sowohl renommierte als auch Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler einladen, bis zum 30. April 2025 Vorschläge auf maximal einer Seite (einschließlich bibliografischer Daten) in portugiesischer, galicischer oder deutscher Sprache einzureichen. Bitte schicken Sie Ihre Abstracts an die Sektionsleiter.

Kontakt der Sektionsleiter:

Martin Becker (martin.becker1@uni-koeln.de)
Lukas Fiedler (lukas.fiedler@uni-leipzig.de)
Benjamin Meisnitzer (benjamin.meisnitzer@uni-leipzig.de)
Joachim Steffen (joachim.steffen@philhist.uni-augsburg.de)


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