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L'occitan de l'avenidor/Das Okzitanische der Zukunft

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In naher Zukunft wird das Okzitanische in Frankreich in erster Linie von Menschen gesprochen werden, die von ihrer Familie auf Französisch erzogen wurden und die das Okzitanische in der Schule oder in der Erwachsenenbildung gelernt haben.

Unser Ziel ist es, die Neuen Sprecherinnen und Sprecher des Okzitanischen und die von ihnen gesprochenene neue Varietät des Okzitanischen zu untersuchen.

Team

Gruppenbild 1

Gruppenbild 2

Die Neuen Sprecherinnen und Sprecher des Okzitanischen

Wir haben insgesamt 23 soziolinguistische Interviews durchgeführt. Außerdem füllten unsere Teilnehmer den psychometrischen Fragebogen NEO-PI-R (Big Five) aus und lieferten damit objektive Messungen ihrer Persönlichkeiten, um die narrativen Daten aus den geführten Interviews zu ergänzen. Die Analyse der soziolinguistischen Daten soll die Situation der Neuen Sprecherinnen und Sprecher des Okzitanischen im Vergleich zu anderen, besser dokumentierten europäischen Minderheitensprachen wie Katalanisch, Galizisch, Irisch-Gälisch, Schottisch-Gälisch und Walisisch verdeutlichen.

Vortrag

"Erwerbswege und intrafamiliäre Weitergabe des Okzitanischen bei Neuen Sprecher*innen des Okzitanischen. Ergebnisse sprachbiographischer Interviews aus Montpellier, 2019"

Erwerbswege 

Angesichts des Fehlens eines obligatorischen Okzitanischunterrichts im Schulsystem Südfrankreichs und der Unterbrechung der Weitergabe innerhalb der Familien seit mindestens einer, wenn nicht sogar zwei Generationen: Welche Lern- und Erwerbswege wählen die Neuen Sprecherinnen und Sprecher, um sich das Okzitanische anzueignen?

Eine bewußte Entscheidung

Gibt es entscheidende Momente im Leben von Neuen Sprecherinnen und Sprechern, in denen sie die Entscheidung getroffen haben, Okzitanisch zu lernen, wobei sie oft einen erheblichen Teil ihrer Zeit dafür aufwenden? Ist solch ein Moment eine unabdingbare Voraussetzung für den Übergang von der Fremdsprachelernerin oder -lerner des Okzitanischen zur Neuen Sprecherin bzw. Neuem Sprecher?

Weitergabe

Das Erlernen einer Sprache kann von formaler Bildung profitieren, aber für die Wiederbelebung einer Sprache ist eine generationenübergreifende Weitergabe innerhalb der Familie von entscheidender Bedeutung. Inwieweit tragen die Neuen Sprecherinnen und Sprecher dazu bei, die Weitergabe des Okzitanischen wiederherzustellen? Mit anderen Worten: Wird Okzitanisch eine Muttersprache für die Kinder der heutigen Neuen Sprecherinnen und Sprecher werden, oder wird es eine Zweitsprache bleiben, die von einzelnen Personen aus französischsprachigen Familien immer wieder neu erlernt werden muß?

Persönlichkeitsprofil

Bieten uns die psychometrischen Daten zur Persönlichkeit in Verbindung mit den Erzählungen aus den Interviews die Möglichkeit, ein typisches Porträt des Individuums zu zeichnen, das, nachdem es in der Vergangenheit bereits Okzitanisch gelernt hat oder nicht (z. B. in einem Calandreta-Kindergarten oder einer Calandreta-Grundschule), zum Neuen Sprecher oder zur Neuen Sprecherin der okzitanischen Sprache wird?

Die Sprache der Neuen Sprecherinnen und Sprecher

Wir nahmen 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf, die Okzitanisch als Zweit- und Französisch als Erstsprache sprachen und konnten so ein paralleles zweisprachiges mündliches Korpus erstellen. Wir verfolgen zwei komplementäre Ansätze: (1) eine historische und synchrone Annäherung an den südfranzösischen Akzent, der sich aus dem Erwerb des Französischen als Zweitsprache durch Sprecherinnen und Sprecher okzitanischer Muttersprache herausgebildet hat, und zwar vom 13. Jahrhundert bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts; (2) eine synchroner Beschreibung des okzitanischen Akzents der Neuen Sprecherinnen und Sprecher, im Lichte einschlägiger Theorien des Zweit- und Fremdsprachenerwerbs.

Der südfranzösische Akzent

Der Akzent des in Südfrankreich gesprochenen Französisch, den die Mehrheit unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer teilt, ist das Resultat einer phonologischen Übertragung der Merkmale des Okzitanischen. Jahrhundertelang war Okzitanisch die Muttersprache der Mehrheit der überwiegend ländlichen Bevölkerung in Südfrankreich. Es fehlt jedoch an umfassenden Studien, die die Entstehung dieses Akzents im Rahmen der Zweisprachigkeit detailliert beschreiben.

Unser Ansatz berücksichtigt nicht nur Phänomene, die eindeutig aus dem phonologischen Transfer aus dem Okzitanischen hervorgegangen sind - wie

(1) die regelmäßige Realisierung des stummen e und seine mögliche Posteriorisierung im Vokalraum,

(2) die teilweise orale Aussprache von Nasalvokalen und die Existenz eines konsonantischen nasalen Anteils,

(3) die Existenz eines Wortakzents

sondern auch Phänomene, die erst vor relativ kurzer Zeit Eingang in das Südfranzösische gefunden haben oder sich derzeit ausbreiten:

(4) die bedingte Alternation der mittleren Vokale, die als Loi de position bekannt ist,

(5) die Anteriorisierung von [ɔ],

(6) die Aspiration der Plosive am Wortende.

Während die Phänomene (1) bis (4) traditionelle Merkmale des Südfranzösischen darstellen, wie sie in der Fachliteratur aufgelistet sind, würde das Vorhandensein der Phänomene (5) und (6), die markante Merkmale des Nordfranzösischen sind, von einer möglichen Nivellierung des südfranzösischen Akzents in Richtung des Standardfranzösischen zeugen.

Akzent der Neuen Sprecherinnen und Sprecher im Okzitanischen

Während der südfranzösische Akzent mehrere phonologische Regularitäten beibehält, die direkt aus dem Okzitanischen übernommen wurden, tendieren diese Merkmale nun dazu, mit der Nivellierung des südfranzösischen Akzents zum Standardfranzösisch, das nördlichen Ursprungs ist, zu verblassen.

Für die Neuen Sprecherinnen und Sprecher des Okzitanischen antizipieren wir also einen phonologischen Transfer der Phonologie des (nördlichen) Referenzfranzösischen ins Okzitanische und kehren damit die Situation um, in der sich vor einigen Jahrhunderten der südfranzösische Akzent herausgebildet hat.

Da wir die Merkmale des französischen Akzents jedes Sprechers und jeder Sprecherin in unserer Stichprobe kennen werden, können wir direkt den individuellen Transfer von der Muttersprache ins Okzitanische prüfen.

Im Einzelnen werden wir die folgenden Punkte analysieren:

(1) die Zentralisierung des unbetonten Vokals [ɔ] am Wortende, der etymologisch mit dem französischen stummen e in derselben Position verwandt ist;

(2) die Aussprache von Vokalen, auf die nasale Konsonanten folgen, welche im Okzitanischen oral sein sollte;

(3) die Realisierung des Wortakzents im Okzitanischen und der mögliche Übergang zu einem Gruppenakzent ;

(4) die Übertragung der Loi de position ins Okzitanische, trotz der Existenz eines phonologischen Kontrasts zwischen den vorderen halbhohen und halbtiefen Vokalen in der akzentuierten Silbe;

(5) die Übernahme der Anteriorisierung von [ɔ];

(6) die Aspiration von Plosiven am Wortende.

Förderung

Wir danken unseren Förderinstitutionen:

  • Münchener Universitätsgesellschaft
  • Nachwuchsförderungsfonds der Fakultät 13 der LMU München
  • Centre de coopération universitaire franco-bavaroise (BayFrance)

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