Romanistik
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Tagung 'Rasende Ohnmacht'

Rasende Ohnmacht

Soziofiktionen der neoliberalen Ära

26.-28.01.2023

 

Donnerstag, 26.01.23, 18:00 - 20:00, Richard-Wagner-Straße 10, Raum D105

Auswegslos anfangen

  • Daniel Graziadei und Lars Schneider (München): Einführung
  • Kurt Hahn (Graz): Autosoziobiographisches Erzählen zwischen Analyse und Aporie: Modellierungen des Ausweglosen in einem populären Genre.

 

 Freitag, 27.01.23, 11:00 - 13:00, Philologicum, Ludwigstraße 25 

Landschaft mit Zombies

  • Wolfgang Struck (Erfurt): Landschaften des Anthropozäns in Claire Thomas' The Performance (2021).
  • Hermann Doetsch (München): Der Nomos der Zombies: zum Raumzeit-Regime des Anthropozäns.

Freitag, 27.01.23, 14:00 - 15:45 Uhr, IBZ, Amalienstraße 38

Arbeit auf Abwegen

  • Ilka Saal (Erfurt): American Office Drama from Arthur Miller to Branden Jacobs-Jenkins.
  • André Otto (Berlin): Der Exorzismus neoliberaler Kreisläufe. Diskursive Abwege in Iain Sinclairs London Orbital.

Freitag, 27.01.23, 16:15 - 18:00 Uhr, IBZ, Amalienstraße 38

Ohne Ahnung oder Aussicht 

  • Lars Schneider (München): Rebels without a clue - rasende Ohnmacht bei Virginie Despentes
  • Wolfgang Asholt (Berlin): (Große) Erzählungen der Aussichtslosigkeit: Houellebecqs Soziofiktionen.

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Freitag, 27.01.23, 19:00 Uhr (Einlass) 20 Uhr (Beginn), Alte Westend Apotheke, Ligsalzstraße 12

Öffentliche Abendveranstaltung "Rasende Ohnmacht - Was dagegen?"

  • Lesungen mit Gespräch: Désirée Opela liest aus Das Wetter in uns (2022) und Markus Ostermair aus Der Sandler (2020). 
  • Musikalische Umrahmung: Lars Schneider.
  • Moderation und Schreibmaschinenperformance: Daniel Graziadei. 
Die Abendveranstaltung findet mit Unterstützung des Kulturreferats der Landeshauptstadt München statt. Der Eintritt ist frei. 
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Samstag, 28.01.23, 10:00- 12:30 Uhr, IBZ, Amalienstraße 38

Bewegtbilder der Ohnmacht

  • David Klein (München): Spielarten der Ohnmacht in den jüngeren Filmen Pedro Almodóvars.
  • Benjamin Loy (Wien): Spektakel der (Ohn-)Macht: zur Bild- und Affektpolitik des Neoliberalismus im chilenischen Kino der Jahrtausendwende.
  • Johannes Riquet (Tampere): "Liquid Modernity" und "Bullet Trains": die Ästhetik der Hochgeschwindigkeit im Actionfilm.

Samstag, 28.01.23, 13:45 - 16:00, IBZ, Amalienstraße 38

Der Worte zu wenig, zu viel oder genug?

  • Herle-Christin Jessen (Heidelberg, demnächst München): Rat- als Sprachlosigkeit – Alain Damasios Dystopie »So phare away« (2012).
  • Daniel Graziadei (München): Rasende Ohnmacht in Grün: Ökodiktatorische Logorrhö als literarische Imagination der Folgen der Klimakrise.
  • Abschlussdiskussion

 

  

Die Konferenz möchte sich einem literarischen Phänomen widmen und diese hochaktuelle Entwicklung mit vergangenen Formen abgleichen. Es geht um die eigenartig ausweglosen Zeit- und Gesellschaftsdiagnosen zahlreicher zeitgenössischer Autor*innen.

Anfang der 1980er Jahre wendet sich die Erzählliteratur wieder verstärkt der lange Zeit ‚verschmähten‘ außensprachlichen Realität zu (Verlier/Viart, 2005). Damit reagiert sie nicht nur auf den Geschmack eines Publikums abseits des etablierten Literaturbetriebs, das der Experimente des Nouveau roman überdrüssig ist, sondern vor allem auf ein neues Bewusstsein für die soziale Schichtung der Gesellschaft, das sich in den immer schneller aufeinander folgenden ökonomischen, politischen und moralischen Krisen der „neoliberalen Ära“ herausbildet, die mit den Regierungsantritten von Margaret Thatcher (1979) und Ronald Reagan (1980) einsetzt und deren Charakteristika Michel Foucault (1978) in den Vorlesungen zur „neoliberalen Gouvernementalität“ – quasi vorab – aufzeigt.


Wenn die Literatur sich vor diesem Hintergrund elementaren Fragen des Zusammenlebens (Ette, 2010) widmet, ist es gleichwohl bezeichnend, dass die pointierten Zeit- und Gesellschaftsdiagnosen zahlreicher Autor*innen eigenartig ausweglos erscheinen. Ihre Schilderungen der sozialen und zwischenmenschlichen Misere münden nicht in glaubhafte Alternativszenarien. Dies, so die These, ist weder ein Ausdruck von Gleichgültigkeit, noch einer Sehnsucht nach einer besseren Vergangenheit. Die Rat- und Orientierungslosigkeit, so lässt sich vermuten, steht vielmehr im Zusammenhang mit der Langlebigkeit der neoliberalen Ordnungen, die nach dem Fall des Ostblocks und dem zeitgleich verkündeten „Ende der Geschichte“ (Fukuyama, 1991) als alternativlos empfunden werden (Crouch, 2005). Mark Fisher (2013) weist darauf hin, dass die (unbewusste) Annahme, dass es nichts Neues mehr gäbe, letztlich zu einer Aushölung der „gesellschaftlichen Vorstellungskraft“, zu einem Gefühl der „reflexiven Ohnmacht“, führe. Diese visionslose Ohnmacht wird zudem durch den Blick auf die sich literarisch zwar schwer darstellbare (Ghosh, 2016), aber immer deutlicher abzeichnende klimatische Katastrophe (Chakrabarty, 2008) weiter verschärft: die alternativlose Ausweglosigkeit läuft auf den Tod hinaus.

Ausgehend von diesem Befund, dessen Allgemeingültigkeit zu prüfen wäre, möchte die Tagung danach fragen, wie sich dieses Phänomen in der Literatur manifestiert.
Wann und wo artikulieren sich vergleichbare Rhetoriken?
Wie reagieren und reflektieren sie die vermeintliche Alternativlosigkeit der Verhältnisse?
Wie ist es um ihre formalen Eigenschaften bestellt?
Gibt es eine Poetik der Ratlosigkeit?

 

 Rasende Ohnmacht Plakat

Verantwortlich für den Inhalt: Daniel Graziadei und Lars Schneider


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