Prof. Dr. David Römer (Universität Kassel)
Rhetorik der Aufklärung. „Umkämpfte Demokratie“ in Verschwörungstheorien
Verschwörungstheorien scheinen immer populärer zu werden und gelten zunehmend als Gefahr für die Stabilität der gesellschaftlichen Ordnung und der Demokratie. Erosion des Vertrauens, Spaltung der Gesellschaft, Legitimierung von Gewalt sowie Diskriminierung sind nur einige mögliche Folgen des Glaubens an Verschwörungstheorien, weshalb in diesem Zusammenhang die Frage nach der Resilienz der Demokratie bzw. die Frage, „Was tun gegen Verschwörungstheorien?“ auch zum Auftrag der Politik und insbesondere der politischen Bildung erklärt wird:
- bmi_beratungskompass_verschwörungsdenken
- bpb_was tun?
- bmi_für demokratie_gegen extremismus
- bpb_verschwörungserzählungen_politische bildung
In verschwörungstheoretischen Erzählungen steht dem gegenüber der Ruf nach demokratisch notwendiger Gegenöffentlichkeit, kritischem Denken und Aufklärung über die im Verborgenen liegende, unterdrückte Wahrheit.
Der Vortrag gibt Einblicke in ein von der DFG gefördertes Projekt zur „Sprache in Verschwörungstheorien“. In Auseinandersetzung mit dem Begriff ‚Verschwörungstheorie‘ wird erörtert, wie sich Verschwörungstheorien für die sprachbezogene Analyse operationalisieren lassen. Für die politische Bildung erscheint der Blick auf die sprachliche Gestaltung von Verschwörungstheorien unerlässlich, wenn sie ihrem eigenen Aufklärungsanspruch gerecht werden will. Anhand unterschiedlicher sprachlicher Mittel werden rhetorische Strategien zur Herstellung von Plausibilität in verschwörungstheoretischen Kommunikaten aufgezeigt, insbesondere solche, die an Ideale der Aufklärung anknüpfen. Zur Diskussion steht die Frage, wie eine Wissenschaftskommunikation anzulegen ist, die selbst das Ziel verfolgt, für Sprachgebrauch zu sensibilisieren und gesellschaftliche Aufklärung zu betreiben.
Literatur
- Römer, David (2022): Sprache in Verschwörungstheorien. Konturen eines Forschungsvorhabens. In: Muttersprache 132, Heft 4/2022, S. 299–313. [Open Access]
- Römer, David & Sören Stumpf (2022): Verschwörungstheorien – und wie sie sprachlich glaubhaft gemacht werden. In: Klaus Müller & Christopher Kirchberg (Hrsg.): Verschwörungstheorien. Eine Publikation von Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V., S. 60–89. [Open Access]
Über den Referenten
Prof. Dr. David Römer ist Professor für Sprachwissenschaft mit dem Schwerpunkt Semantik und Lexikologie des Neuhochdeutschen an der Universität Kassel.
Als Experte für die sprachliche Konstruktion von Verschwörungsnarrativen leitet er zusammen mit Sören Stumpf das von der DFG geförderte Projekt „Sprache in Verschwörungstheorien“, in dem systematisch untersucht wird, wie Verschwörungsnarrative in unterschiedlichen Diskursen – etwa zu Migration, Terrorismus, Klima oder COVID-19 – durch den Einsatz bestimmter sprachlicher Mittel als „soziale Wirklichkeit“ etabliert werden.
Seine Forschung verbindet er intensiv mit gesellschaftlicher Aufklärung: In zahlreichen Medienbeiträgen und öffentlichen Veranstaltungen – darunter die Frankfurter Debatte über die Sprache: Verschwörungstheorien (2023), Interviews in Deutschlandfunk, SWR2, Zeit-Online und MDR next, Podcasts wie Alexandria und Ehrenwort sowie Workshops mit Jugendlichen im Rahmen von Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V., Schüler:innen und Lehrer:innen in Kooperation mit dem Schulamt Kassel oder der EU-Initiative klicksafe – vermitteln er und sein Team einem breiten Publikum, wie Sprache Verschwörungstheorien glaubhaft erscheinen lässt und welche rhetorischen Strategien dahinterstehen.